ZUM JAHRESAUSKLANG 2023

Liebe Rutzenhamerinnen und Rutzenhamer!

Wenn ich gefragt werde, was sich im Laufe der letzten Jahre am markantesten verändert hat, gib es meinerseits primär eine Antwort: Man kann inzwischen Fakten in die Welt setzen, ohne einen Wahrheitsbeweis anzutreten. Somit können frei erfundene Tatsachen zur Meinungsbildung eingesetzt werden. Zuletzt wurde in Facebook eine Schlagzeile der „Bild“ Zeitung von 1957 verbreitet. Angeblich sei es damals in ganz Deutschland 56 Grad heiß gewesen. Diese Nachricht führte zu großem Jubel sowie Spott und Häme bei diversen Menschen, die dem menschlichen Einfluss der Klimaveränderung absolut skeptisch gegenüber stehen. Sie wurde als Beweis dafür angeführt, dass die Warnungen vor einem Klimawandel völlig übertrieben und lediglich gezielte Angstmache seien. Der relevante Kontext fehlte: Diese Temperatur wurde im Inneren einer Bahnhofsuhr in Wanne-Eickel gemessen und nicht an der Luft. Ich habe da nochmals recherchiert, der bisherige Spitzenwert einer Tagestemperatur in Deutschland wurde mit 41,2 Grad im Sommer 2019 gemessen.

Man muss bei 56 Grad Celsius nur ein wenig nachdenken, was das wirklich heißt, um zu wissen, dass das unmöglich ist: Angeblich sind 56 Grad schon einmal im Death Valley im Jahr 1913 gemessen wurden – das scheint aktuell aber unsicher. Um die 54 Grad dürfte es tatsächlich schon einmal gehabt haben. Das Death Valley liegt südöstlich der Sierra Nevada, zum größten Teil auf dem Gebiet Kaliforniens und zu einem kleineren Teil in Nevada. Die Region ist ein absoluter Hitzepol. Der tiefste Punkt des Tales liegt 85,95 Meter unter dem Meeresspiegel und ist zugleich die tiefste begehbare Stelle ganz Nordamerikas. Ich war schon einmal dort und es war tatsächlich unheimlich heiß – wie heiß, das weiß ich heute nicht mehr, die Amerikaner messen ja in Fahrenheit und nicht in Celsius. Aber unvorstellbar ist es, dass in ganz Deutschland flächendeckend eine solche Temperatur jemals gemessen worden wäre – das wäre wohl mehr als das Ende der Welt gewesen …

Die Weltbevölkerung hat sich seit 1950 verdreifacht und im Jahr 2022 die 8 Milliarden-Grenze überschritten. Jeder einzelne Mensch auf unserem Planeten benötigt entsprechende Ressourcen. Umgelegt auf Österreich haben wir da aktuell das Thema der Bodenversiegelung, die gerade in unserem Bundesland nicht gerade bescheiden ist. Wir müssen bewusster mit dem vorhandenen Grünland umgehen, denn auch die nächste Generation soll noch eine Umgebung vorfinden, wo genügend Boden vorhanden ist, um die Bevölkerung ernähren zu können und wohl auch, um weitere Klimaveränderungen einzudämmen.

Ich habe zuletzt mit Dr. Erhard Prugger, dem Leiter der Abteilung Sozial- und Rechtspolitik der Wirtschaftskammer Oberösterreich, einen Radiobeitrag über sein Buch „Sozialfall Sozialstaat“ geführt, welches im Oktober 2023 im Trauner-Verlag erschienen ist. Prugger widmet sich hier ziemlich flächendeckend den unterschiedlichsten Bereichen des Sozialstaates und untermauert seine Erkenntnisse und Überlegungen mit fundierten Quellen. Besonders diskussionswürdig scheinen mir u. a. die Themen Gesundheit und Pflege.

Punkto Gesundheit meint er, Österreich setze auf eine Reparaturmedizin – und er attestiert den Österreichern eine auffallend schlechte Gesundheitskompetenz. Wir sind, so formuliert er provokant eine Überschrift, ein „Land der Dicken, Land der Trinker, Land der Raucher zukunftsarm“.  So ist jeder zweite Erwachsene (54 %) übergewichtig, gut 16 % gelten als fettleibig. Nur jeder Zehnte bewegt sich freiwillig regelmäßig. Eine Million Österreicher sind alkoholabhängig oder konsumieren Alkohol in gesundheits-gefährdendem Ausmaß. Und laut OECD liegt unser Land mit 21 % regelmäßigen Rauchern über dem EU-Schnitt. Die Folge: Die Österreicher erleben im Schnitt um die 57 gesunde Jahre – dann beginnt es irgendwo zu „zwicken“ oder eine chronische Erkrankung macht sich breit. Ganz anders Schweden: Dort werden 73 gesunde Jahre erlebt. Was das für das Gesundheitssystem und seine Kosten heißt, kann man sich ausmalen.

Bei der Pflege warnt er vor einem „Super-GAU“. Allein bis 2030 werden 75.000 zusätzliche Pflegekräfte benötigt! Die Anzahl der Pflegebedürftigen wird voraussichtlich von derzeit 450.000 auf 750.000 im Jahr 2050 steigen! In Dänemark sind aktuell nur 8 % der über 65jährigen pflegebedürftig – in Österreich sind es stolze 22 %.

Er zeigt aber nicht nur auf, er formuliert in seinem Buch auch Lösungsansätze, wie der Sozialstaat zukunftsfit gemacht werden kann.

Das Buch signalisiert realistischen und nachvollziehbaren Handlungsbedarf, der entsprechende Entscheidungen benötigt. Ob die herrschende Politik dazu den Mut aufbringt, ist offen. Von meinem Zugang her wäre es besser in Zeiten zu handeln, wo noch entsprechender Spielraum verfügbar ist.

Sollte jemand den Radiobeitrag hören wollen, das ist der Link: https://de.cba.media/642706

Zu den nun bevorstehenden Festtagen und dem Jahreswechsel wünschen wir als Bürgerliste Rutzenham (Martina Beck, Heinz Mittermayr sowie ich) Euch allen einige besinnliche und entspannte Tage – und für 2024 alles Gute und vor allem Gesundheit und Wohlbefinden!

Christian Aichmayr, Obmann und Gemeindevorstand, Bürgerliste Rutzenham – 10.12.2023

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